Twitter-Verbot für Arbeitgeber oder doch nicht?
Darf der Arbeitgeber ohne Beteiligung des Betriebsrates twittern? Mit Spannung blickten Juristen zum Bundesarbeitsgericht nach Erfurt und wurden enttäuscht. Vorerst gibt es insoweit keine höchstrichterliche Klärung. Beim Bundesarbeitsgericht war zwar ein Verfahren zur Klärung von Rechten des Betriebsrates bei der Twitter-Nutzung durch den Arbeitgeber anhängig. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht in der Sache selbst keine Entscheidung getroffen.
Worum ging es?
Der in dem Verfahren in Anspruch genommene Arbeitgeber betreibt bundesweit mit etwa 30 Betriebsstätten durch verschiedene Tochtergesellschaften Multiplex-Kinos. Er nutzt verschiedene Social Media-Kanäle und hat auch einen eigenen Twitter-Account. Hierüber kann er als Nutzer so genannte “Tweets” absetzen. Des Weiteren bietet Twitter die Funktionen „Antwort“, „Erwähnung“ und „Retweet“, welche von den Nutzern nicht separat aktiviert oder deaktiviert werden können. Der Arbeitgeber und der bei diesem gebildete Gesamtbetriebsrat stritten darüber, ob dem Arbeitgeber die Nutzung von dessen Twitter-Account untersagt werden kann. Der Gesamtbetriebsrat war der Auffassung, dass der Arbeitgeber mit ihm eine Vereinbarung über die Nutzung des Twitter-Accounts treffen muss. Solange der Arbeitgeber dieses nicht getan hat, müsse er den Twitter-Account abschalten.
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Weshalb sollte der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Nutzung des Twitter-Accounts verbieten können?
Zunächst wundert man sich, was ein Twitter-Account überhaupt mit dem Arbeitsrecht und den Rechten des Betriebsrates zu tun hat. Der Gesamtbetriebsrat bezog sich auf eine Regelung in § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz. Hiernach darf der Betriebsrat bei der „Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen“, mitbestimmen. Das bedeutet, dass er in einem solchen Fall von dem Arbeitgeber den Abschluss einer Betriebsvereinbarung oder, wenn der Arbeitgeber hiermit nicht einverstanden ist, auch die Unterlassung von bestimmten Handlungen verlangen kann.
Der Gesamtbetriebsrat stützte sich weiter auf die Facebook-Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 13.12.2016 – 1 ABR 7/15. Dort hatte das Bundesarbeitsgericht dem Arbeitgeber untersagt, die von ihm genutzte Facebook-Seite Nutzern zur Übermittlung von Informationen zur Verfügung zu stellen. Zur Begründung hatte das Gericht angeführt, über die „Besucher-Beiträge“-Funktion können Facebook-Nutzer Postings zum Verhalten und zur Leistung von Arbeitnehmern auf der Facebook-Seite des Arbeitgebers abgeben, die wiederum namentlich oder situationsbedingt bestimmten Arbeitnehmern zugeordnet werden können und eine Beurteilung von Arbeitnehmern erlauben. Glück für den Arbeitgeber war, dass die Kommentarfunktion separat deaktiviert werden konnte, so dass er nicht die Facebook-Seite komplett abschalten musste.
Ähnlich sah es der Gesamtbetriebsrat des Kinobetreibers bei der Nutzung von dessen Twitter-Account. Auch dort sei es Nutzern möglich, über die Funktionen „Antwort“, „Retweet“ und „Erwähnung“ Postings einzustellen, die auch Arbeitnehmern zugeordnet werden könnten, so dass diese einem Überwachungsdruck ausgesetzt sind.
Wie haben die Arbeitsgerichte entschieden?
Das Arbeitsgericht Hamburg hatte in der ersten Instanz mit Beschluss vom 06.12.2017 – 28 BV 6/17 den Antrag des Betriebsrates zurückgewiesen. Entscheidend war für das Arbeitsgericht, dass Kommentare von Dritten nicht auf der von dem Arbeitgeber betriebenen Twitter-Seite gespeichert würden. Diese verbleiben auf den Seiten der kommentierenden Personen und befinden sich damit nicht in der Sphäre des Arbeitgebers. Das Landesarbeitsgericht Hamburg sah dieses anders und hat mit Beschluss vom 13.09.2018 – 2 TaBV 5/18 dem Antrag des Gesamtbetriebsrats entsprochen. Unerheblich war für das Landesarbeitsgericht, wo Antworten gespeichert sind und dass dieses nicht auf der eigenen Twitter-Seite des Arbeitgebers erfolgt. Die gesetzliche Regelung sei eng auszulegen. Unabhängig davon, dass die Antworten nicht auf der Twitter-Seite des Arbeitgebers gespeichert sind, bietet der Arbeitgeber allein mit dem Betreiben des Twitter-Accounts die Möglichkeit, solche Kommentare abzugeben. Weil die Kommentare für ihn als Nutzer auch einsehbar sind, würden auch hier Arbeitnehmer einer Überwachung ausgesetzt sein.
Aufgrund der hohen praktischen Bedeutung ist die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes hierzu mit Spannung erwartet worden. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht die Zulässigkeit der Twitter-Nutzung durch den Arbeitgeber und die Frage, welche Rechte Betriebsräte insoweit haben, offen gelassen. Mit Beschluss vom 25.02.2020 – 1 ABR 40/18 hat das Bundesarbeitsgericht keine Entscheidung in der Sache selbst getroffen, weil die Anträge des Gesamtbetriebsrats unzulässig waren. Das Verfahren gegen den Arbeitgeber war nämlich von einem unternehmensübergreifend gebildeten Gesamtbetriebsrat eingeleitet worden. Der der Errichtung des Gesamtbetriebsrates zugrunde liegende Zuordnungstarifvertrag war schon aus tarifrechtlichen Gründen unwirksam. Die Bildung solcher Gesamtbetriebsräte ist nur ausnahmsweise möglich und setzt einen entsprechenden dies erlaubenden Zuordnungstarifvertrag voraus. Hieran fehlte es, das Begehren des Gesamtbetriebsrats war damit bereits unzulässig.
Fazit
Die Frage der Twitter-Nutzung durch den Arbeitgeber bleibt damit auf höchstrichterlicher Ebene leider zunächst noch ungeklärt. Es bleibt abzuwarten, wie das Bundesarbeitsgericht künftig solche Fälle entscheiden wird, wenn der zeitgemäße Umgang mit Facebook, Instagram, Twitter & Co. sowie der entsprechende Meinungsaustausch immer mehr den Alltag prägen.
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