Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25.06.2015
Es existiert derzeit noch wenig Rechtsprechung zum Mindestlohngesetz (MiLoG). Nun hat sich das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit mehreren Verfassungsbeschwerden befasst und hierbei zwar nicht in der Sache selbst entschieden, aber – quasi nebenher – erste kritische Aspekte angesprochen (Beschluss v. 25.06.2015, Aktenzeichen 1 BvR 20/15, 1 BvR 37/15, 1 BvR 555/15):
Die angegriffenen Regelungen
Gegen die Regelungen der §§ 16,17 und 20 des MiLoG wandten sich mehrere im Ausland ansässige Transportunternehmen, die unter anderem in Deutschland tätig sind. Nach dieser Regelung des MiLoG sind inländische wie ausländische Arbeitgeber zur Zahlung des Mindestlohnes verpflichtet.
Gegen § 22 Absatz 2 MiLoG wandte sich ein minderjähriger Auszubildender, der als Jugendlicher ohne abgeschlossene Berufsausbildung nach dieser Regelung keinen Anspruch auf Zahlung des Mindestlohns hat.
Schließlich wandte sich eine Zeitungszustellerin gegen die Regelung des § 24 Absatz 2 MiLoG. Hiernach wird für die Branche der Zeitungszusteller/innen der Anspruch auf einen Mindestlohn in Höhe von 8,50 € in der Stunde erst zum 01.01.2017 verwirklicht und bis dahin schrittweise angehoben.
Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde
Die drei Verfassungsbeschwerden, die bei dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht wurden, wurden per Beschluss als unzulässig abgewiesen und die Beschwerdeführer darauf verwiesen, sich zunächst an die Fachgerichte zu wenden. Die Beschwerdeführer scheiterten an der Hürde der „Rechtswegerschöpfung und Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde“, welche ein Hauptgrund für die hohe Zahl der als unzulässig abgewiesenen Verfassungsbeschwerden ist. Demnach ist der Beschwerdeführer zunächst verpflichtet, den Rechtsweg zu den „normen“ Gerichten, vom Bundesverfassungsgericht Fachgerichte genannt, zu beschreiten. Da man gegen ein Gesetz nicht klagen kann, verlangt das BVerfG, zunächst einen (offensichtlich aussichtslosen) Vollzugsakt zu beantragen und dessen Ablehnung dann vor den Fachgerichten anzufechten. Diese können das Verfahren sodann aussetzen und das Gesetz dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorlegen. Ein Ausspruch des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungswidrigkeit einer Regelung steht also grundsätzlich erst am Schluss des gerichtlichen Verfahrens, in der Regel nach mehreren Instanzen.
Etwas anderes gilt – und hierauf zielten die Verfassungsbeschwerden ab – wenn die Anrufung der Fachgerichte unzumutbar ist, zum Beispiel, weil ein Verstoß gegen die gesetzliche Regelung mit einem Ordnungsgeld oder Bußgeld geahndet wird oder ein existenzbedrohender finanzieller Nachteil droht.
Das BVerfG gestand den Transportunternehmen zu, dass es unzumutbar sei, zunächst gegen das MiLoG zu verstoßen, um anschließend gegen den Bußgeldbescheid vorzugehen. Allerdings sei es sehr wohl möglich, schon vorher vor einem Fachgericht auf Feststellung zu klagen, nicht an die §§ 16, 17 und 20 des MiLoG gebunden zu sein, was ebenso effektiv sei und daher einen Teil der Rechtswegerschöpfung darstellt. Schwere finanzielle Nachteile konnte keiner der Beschwerdeführer nachweisen. Die Zeitungszustellerin hatte darüber hinaus nicht die erforderlichen Angaben gemacht, nach denen sie überhaupt als Zeitungszustellerin im Sinne des MiLoG einzuordnen war. Aus diesen Gründen kam es in keiner der Fälle zu einer eigentlichen Prüfung des MiLoG, gleichwohl hat das Bundesverfassungsgericht in seinen Ausführungen deutlich gemacht, einige Aspekte des MiLoG kritisch zu sehen.
Fazit
Da das Bundesverfassungsgericht regelmäßig verlangt, den Rechtsweg umfassend auszuschöpfen, war die Annahme der Verfassungsbeschwerden in den hier aufgeführten Fällen nicht zu erwarten. Es ist für die nähere Zukunft davon auszugehen, dass die betroffenen Beschwerdeführer und auch weitere Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Rechtsweg beschreiten und so nach und nach Urteile zu verschiedenen Regelungen des MiLoG erfolgen werden und sich in Zukunft auch das Bundesverfassungsgericht mit Fragen zum MiLoG auseinandersetzen wird.
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