Sperrzeit vermeiden beim Aufhebungsvertrag. Geht jetzt einfacher.
Ein Arbeitsverhältnis kann auf drei Arten enden: Arbeitgeberseitige Kündigung, arbeitnehmerseitige Kündigung oder beidseitiger Aufhebungsvertrag. Der Aufhebungsvertrag ist dabei das einzige Mittel, das Ende des Arbeitsverhältnisses zu gestalten. Während eine Kündigung „nur“ das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist beendet (oder auch nicht), kann mit einem Aufhebungsvertrag quasi alles geregelt werden. Nur auf diese Weise kann die Kündigungsfrist verkürzt und sogar ganz auf eine Frist verzichtet werden, was vor allem Arbeitgeber schätzen. Gut für verhandlungsstarke Arbeitnehmer kann sein, dass per Aufhebungsvertrag auch Dinge geregelt werden können, die nicht (direkt) einklagbar sind wie eine Abfindung (Näheres für Arbeitnehmer hier).
Worauf Arbeitnehmer aber anders als ihr Arbeitgeber unbedingt achten müssen, wenn sie nicht bereits eine neue Arbeitsstelle haben, ist die Kalkulation, ob der Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu einer Sperrzeit führen kann und welche finanziellen Konsequenzen hieran geknüpft sind.
Für den Bezug von Arbeitslosengeld I (ALG I) müssen verschiedene Voraussetzungen gegeben sein. Hierzu gehört ein so genanntes Versicherungspflichtverhältnis von einer bestimmten Dauer. Mit Abstand am bedeutsamsten ist hier das sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnis.
Eine andere, ebenso wichtige Frage ist, ab wann der Anspruch besteht. Um sofort nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ALG I zu erhalten, muss eine so genannte negative Voraussetzung vorliegen: Der Arbeitnehmer darf das Arbeitsverhältnis nicht ohne wichtigen Grund aufgeben (§ 159 SGB III). Tut er es doch, wird eine Sperrzeit von in der Regel zwölf Wochen verhängt. Diese Zeit wird auch nicht an die Anspruchszeit angehangen, der Anspruch für diese Zeit erlischt und wird durch ein (gemindertes) ALG II in der Regel auch kaum kompensiert.
Im Grundsatz bedeutet eine Eigenkündigung genau wie der Abschluss eines Aufhebungsvertrags, dass der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis aufgegeben hat. Eine Sperrfrist lässt sich also nur vermeiden, wenn er hierfür einen wichtigen Grund hatte.
Da diese je nach vorangegangenem Einkommen einen massiven finanziellen Unterschied macht, steckt in dem Begriff „wichtiger Grund“ entsprechendes Streitpotenzial zwischen der Arbeitsagentur und den Arbeitnehmern.
Um die Arbeit der Mitarbeiter der Agentur für Arbeit zu koordinieren, gibt es die Geschäftsanweisung Sperrzeit (GA), welche Einzelheiten zur Handhabung des § 159 SGB III regelt. Hierbei handelt es sich um eine generalisierende Anweisung an die behördlichen Mitarbeiter, die allerdings keine Gesetzeskraft hat. Ihre Einhaltung kann also nicht eingeklagt werden, gleichwohl folgen die Behördenmitarbeiter der Durchführungsanweisung in ihren Entscheidungen regelmäßig, so dass eine gewisse Verlässlichkeit besteht.
Die Details zum Thema Aufhebungsvertrag sind unter Ziff. 159.1.2.1.1 der Geschäftsanweisung geregelt („Wichtiger Grund bei Eigenlösung des Beschäftigungsverhältnisses und gleichzeitig drohender Arbeitgeberkündigung“).
Hier sind Voraussetzungen aufgestellt, die kumulativ (gemeinsam) vorliegen müssen, damit ein „wichtiger Grund“ für den Abschluss eines Aufhebungsvertrags angenommen wird.
Das ist der Fall, wenn
Mit der Aktualisierung 12/2016 wurde die so genannte Korridorabfindung abgeschafft. Bis vor Kurzem durfte die Abfindung zusätzlich zu den übrigen Anforderung nicht mehr als 0,5 Gehälter pro Beschäftigungsjahr betragen, musste aber über 0,25 Gehältern pro Beschäftigungsjahr betragen. Bei einer geringeren Abfindung genügte es nicht, dass die in Aussicht gestellte Kündigung nicht offensichtlich rechtswidrig war – sie musste zwingend vollständig rechtmäßig sein.
Nunmehr kann auch eine niedrigere Abfindung sperrfristvermeidend sein, solange die übrigen Voraussetzungen gegeben sind und die Kündigung nicht offensichtlich rechtswidrig ist. Dies kann insbesondere kleineren, mäßig finanzstarken Betrieben erleichtern, ihren Arbeitnehmer die Entscheidung für einen Aufhebungsvertrag zu erleichtern.
Auch wenn die Geschäftsanweisungen der Agentur für Arbeit keine Gesetzeskraft haben, folgen die behördlichen Mitarbeiter diesen in aller Regel, da es sich in erster Linie um eine Zusammenfassung verschiedener Urteile der Sozialgerichte handelt. Wenn alle genannten Voraussetzungen vorliegen, haben Sie also gute Chancen, für sich oder einen Mitarbeiter eine Sperrfrist zu vermeiden. Ein Restrisiko lässt sich nicht ausschließen, da verbindliche Auskünfte zu Einzelfällen von der Arbeitsagentur im Vorfeld quasi nicht erteilt werden.
Noch sicherer ist für Arbeitnehmer der gerichtliche Abfindungsvergleich im Rahmen einer Kündigungsschutzklage. Hierzu heißt es in Nr. 159.19 der GA: „Ein arbeitsgerichtlicher Vergleich kann eine Sperrzeit nicht auslösen.“ Allerdings erleichtert die aktuelle Neuerung auch den außergerichtlichen Weg.
Nicht verschwiegen werden soll, dass man es der Agentur für Arbeit mit einer entsprechenden Gestaltung des Aufhebungsvertrags und den richtigen „Vokabeln“ erleichtern kann, die Entscheidung gegen eine Sperrzeit zu treffen. Dazu gehört insbesondere, die obigen Voraussetzungen klar zu formulieren. Hier sollten Sie als betroffener Arbeitnehmer intervenieren und gegebenenfalls eine Überarbeitung verlangen.
Haben Sie Fragen zu dem Thema Aufhebungsvertrag oder Kündigung? Wir helfen Ihnen gerne weiter.
Verwandte Themen:
Hier können Sie uns auf facebook folgen: KERNER Rechtsanwälte auf facebook
Was ist eine Sperrzeit und wann wird sie verhängt?
Was sind die Geschäftsanweisungen (GA) der Agentur für Arbeit?
Was regelt die Durchführungsanweisung zu einem Aufhebungsvertrag?
- eine Kündigung „mit Bestimmtheit“ in Aussicht gestellt wird,
- diese auf betriebliche Gründe gestützt wird,
- sie nicht offensichtlich rechtswidrig ist,
- der Arbeitnehmer nicht ordentlich unkündbar ist,
- die in Aussicht gestellte Arbeitgeberkündigung würde die Kündigungsfrist einhalten und frühestens zu dem Zeitpunkt wirksam, zu dem laut Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis endet (Keine Verkürzung der Kündigungsfrist) und
- eine Abfindung in Höhe von höchstens 0,5 Gehältern pro Beschäftigungsjahr gezahlt wird
- oder der Arbeitnehmer statt der genannten Abfindung sonstige Gründe darlegt, aus denen er objektiv Nachteile aus einer arbeitgeberseitigen Kündigung befürchten musste. Solche Gründe können Vergünstigungen sein, auf die im Falle der Kündigung kein Anspruch bestanden hätte und in diesem Fall muss die drohende Kündigung zwingend vollständig rechtmäßig sein