Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14.06.2016
Im neuen Arbeitsverhältnis arbeitet man sich von groß nach klein vor. Erst einmal lernt man sich überhaupt kennen. Dann geht es um die Eckpfeiler: Gehalt,
Laufzeit des Arbeitsvertrags, Arbeitszeiten,
Einsatzbereich. Anschließend werden die „mitlaufenden“ Vertragsbedingungen geklärt: Wie viel
Urlaub gibt es? Gibt es Sonderzahlungen wie
Boni oder
Weihnachtsgeld? Was ist mit
Überstunden?
Und schließlich kommen Sie bei den Fragen des Alltags an, die sich erst im laufenden Arbeitsverhältnis ergeben. Heißt Arbeitsbeginn um 08:30 Uhr eigentlich zur Tür reinkommen oder den Rechner schon hochgefahren haben? (Antwort: Das ist unseres Wissens gerichtlich noch nicht entschieden worden. Bei dem Ingebrauchnehmen des Arbeitsgerätes handelt es sich aber grundsätzlich um Arbeitszeit, also ist Knopf drücken um 08:30 Uhr in Ordnung.) Und am Ende des Tages: Ist Aufräumen eigentlich noch Arbeitszeit? (Antwort: Es kommt darauf an, wenn es nicht nur um den eigenen Schreibtisch geht in der Regel ja.)
Neben der Arbeitszeit wird die Kleidung dann ein beliebtes Thema. Darf der Arbeitgeber die Kleidung vorschreiben? (Antwort: Es kommt darauf an. Wir haben
hier über das Thema gebloggt.) Wer wäscht eigentlich die Kleidung und auf wessen Kosten? Mit der Antwort auf diese Frage hat sich aktuell das Bundesarbeitsgericht beschäftigt.
Der Fall: Schmutzige Geschäfte – saubere Kleidung
Der Kläger ist bei einem industriellen Schlachtbetrieb als Schlachter beschäftigt. Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass er bei der Arbeit saubere Hygienekleidung zu tragen hat. Diese stellte der Arbeitgeber zur Verfügung und veranlasst auch die Reinigung der Kleidung. Hierfür erhob der Arbeitgeber eine Art Gebühr; 10,23 € behielt er als Reinigungspauschale vom monatlichen Gehalt ein. Vereinbarungen dazu, wer die Reinigungskosten tragen soll, gab es nicht.
Den Abzug vom Gehalt sah der Arbeitnehmer nicht ein. Er klagte auf Nachzahlung der Pauschale für die vergangenen Jahre und auf Feststellung, dass der Arbeitgeber diese Kosten nicht erheben durfte. Sein Argument: Die Kleidung wird im Interesse des Arbeitgebers gereinigt, so dass dieser auch für die Kosten aufzukommen hat.
Das Urteil: Eine saubere Weste will vor allem der Chef
Mit seiner Ansicht war er durch alle Instanzen erfolgreich. Zuletzt gab ihm aktuell das Bundesarbeitsgericht Recht und stellte fest, dass die Reinigungskosten vom Arbeitgeber zu tragen sind (Urteil des Bundesarbeitsgericht vom 14.06.2016, Aktenzeichen 9 AZR 181/15).
Zur Begründung führte das Gericht ausweislich der Pressemitteilung aus, dass die Kosten der Reinigung nicht im Interesse des Arbeitnehmers aufgewendet werden, sondern deshalb, weil der Arbeitgeber seiner eigenen gesetzlichen Verpflichtung nachkommen möchte (
Pressemitteilung Nr. 31/16 des Bundesarbeitsgerichts vom 14.06.2016; externer Link).
Das Bundesarbeitsgericht weist allerdings schon in der Pressemitteilung ausdrücklich darauf hin, dass es in dem konkreten Fall keine Vereinbarung über die Pflicht zur Kostentragung gab und dass diese Konstellation deshalb nicht zu entscheiden war. Das kann ein Hinweis darauf sein, dass die Abwälzung von Reinigungskosten in gewissem Umfang wirksam vereinbart werden kann.
Fazit: Wenig Konkretes, bisher nur verwaschene Andeutungen
Das Urteil ist ein Signal an alle Arbeitnehmer, die im Beruf Hygienekleidung tragen (müssen) und für deren Reinigung aufkommen müssen. Hier ist es offensichtlich, dass der Arbeitgeber durch das Waschen seinen gesetzlichen Pflichten nachkommen möchte und deshalb vorrangig im eigenen Interesse wäscht. Das muss der Arbeitnehmer nicht bezahlen.
Ansonsten gehören Anschaffung und Reinigung von Berufskleidung traditionell zu den Ausgaben des Arbeitnehmers, die er steuerlich absetzen kann. Ob das Urteil hier eine Trendwende einleitet, bleibt abzuwarten. Das Bundesarbeitsgericht hat sich jedenfalls ausdrücklich vorbehalten, bei vertraglichen Vereinbarungen zur Kostentragung neu zu prüfen.
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