Ausblick 2017 – Teil 2: Der Mutterschutz wird moderner
Letzte Woche war die Reform des „Zeitarbeit-Gesetzes“ (AÜG) hier Thema. Anders als dieses häufig geänderte Gesetz wird das aus dem Jahr 1952 stammende Mutterschutzgesetz (MuSchG) zum ersten Mal grundlegend geändert. Der Gesetzgeber möchte damit auf die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen reagieren.
Wann genau das Gesetz in Kraft tritt, ist noch unklar, ursprünglich war der 01.01.2017 geplant. Die erste Anhörung ist im Juli 2016 erfolgt, seitdem stockt das Verfahren. Ein Inkrafttreten im Laufe des Jahres 2017 ist aber sehr wahrscheinlich.
Das Mutterschutzgesetz schützt die werdende und junge Mutter und damit zugleich ihr Kind im Arbeitsleben vor Überforderungen und Gefährdungen. Es wird dabei ergänzt um die Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV), welche sich insbesondere mit Gefahrstoffen am Arbeitsplatz befasst. Das MuSchG und die MuSchArbV werden künftig zusammengefasst.
Wesentliche Inhalte des Mutterschutzgesetzes ist der sehr umfassende Kündigungsschutz, das Beschäftigungsverbot sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt (zwölf Wochen bei Früh- und Mehrlingsgeburten) und das Verbot der Beschäftigung in Akkord-, Fließband-, Mehr-, Sonntags- oder Nachtarbeit (siehe auch Mutterschutz; Arbeitsschutz).
Damit diese Schutzvorschriften nicht aus finanziellen Zwängen umgangen werden, sieht das Mutterschutzgesetz außerdem Geldleistungen vor, die die Nichtarbeit ausgleichen.
Nicht jede Frau, die ein Kind zur Welt bringt, ist Mutter im Sinne des MuSchG. Aktuell sind Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen oder in Heimarbeit beschäftigt sind bzw. diesen gleichgestellt sind, erfasst.
Dieser Personenkreis wird ausgeweitet, künftig sind auch
– Schülerinnen
– Studentinnen
– Praktikantinnen
– Teilnehmerinnen des Bundesfreiwilligendienstes
von dem MuSchG erfasst.
Da der Gesetzesentwurf auch nicht mehr ein Arbeitsverhältnis, sondern eine „Beschäftigung“ zur Voraussetzung hat, werden auch Fremdgeschäftsführerinnen in das neue Gesetz einbezogen.
Nach wie vor sieht der Gesetzesentwurf ein Beschäftigungsverbot für sechs Wochen vor und acht Wochen (bzw. zwölf Wochen bei Früh- und Mehrlingsgeburten) nach der Entbindung vor.
Erweitert wird dieses Schutzniveau um ein Beschäftigungsverbot von zwölf Wochen nach der Geburt, wenn vor Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung bei dem Kind eine Behinderung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch ärztlich festgestellt wird. Der Gesetzgeber erkennt mit dieser Regelung die erhöhten Belastungen und den erhöhten Pflegebedarf bei der Entbindung eines behinderten Kindes an.
Aktuell besteht Kündigungsschutz während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Geburt nach § 9 KSchG. Das führte zu der unglücklichen Situation, eine späte Fehlgeburt von einer Totgeburt abgrenzen zu müssen, um den Kündigungsschutz bestimmen zu können. Der Gesetzesentwurf reagiert hierauf und sieht nun neben diesem Kündigungsschutz vor, dass ebenfalls im Fall einer nach der zwölften Schwangerschaftswoche erlittenen Fehlgeburt der Kündigungsschutz von vier Monaten gilt.
Sowohl aktuell als auch nach dem neuen Gesetzesentwurf gilt für das Beschäftigungsverbot vor der Geburt des Kindes, also für die letzten sechs Wochen der Schwangerschaft, dass sich die werdende Mutter zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklären kann.
Für das Beschäftigungsverbot nach der Geburt heißt es aktuell hingegen schlicht: Mütter dürfen bis zum Ablauf von acht Wochen (bzw. zwölf Wochen) nach der Entbindung nicht beschäftigt werden. Da nun auch Schülerinnen und Studentinnen in den Anwendungsbereich einbezogen sind, könnte dies zu einer Benachteiligung in der Ausbildung führen. Daher sieht der Entwurf des Gesetzes vor, dass die Ausbildungsstelle eine Schülerin bereits in dieser Zeit tätig werden lassen darf, wenn die Frau es ausdrücklich verlangt (§ 3 Abs. 3 des Entwurfs zum MuSchG, BT-Drs. 18/8963).
Das Verbot von Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit bleibt bestehen. Auch bleibt es bei dem Verbot von Mehrarbeit, also einer Beschäftigung von mehr als achteinhalb Stunden täglich oder 90 Stunden in der Doppelwoche.
Die schwangere oder stillende Frau wird es allerdings künftig in Grenzen in der Hand haben, diese Verbote zu lockern. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass eine Beschäftigung nicht zwischen 20 Uhr und 6 Uhr (Nachtarbeit) erfolgen darf, es sei denn, dass:
Mutterschaftsgeld wird von den gesetzlichen Krankenkassen in der Zeit der Schutzfristen gezahlt. Die Höhe richtet sich nach dem durchschnittlichen Nettoentgelt der letzten drei vollständig abgerechneten Monate und beträgt maximal 13,00 € täglich. Die Differenz ist von dem Arbeitgeber auszugleichen.
Auch der Mutterschutzlohn, welcher bei weitergehenden Beschäftigungsverboten gezahlt wird, richtet sich nach dem Durchschnittsverdienst der letzten drei Monate vor Beginn der Schwangerschaft.
Für diese Ermittlung des Durchschnittseinkommens sieht der Gesetzesentwurf eine detaillierte zentrale Regelung vor, welcher eine Berechnung für die Praxis vereinfacht (§ 20 des Entwurfs zum MuSchG, BT-Drs. 18/8963).
Am Ende des Gesetzesentwurfs ist das Datum des Inkrafttretens geregelt, zu diesem Datum tritt zugleich das aktuelle Mutterschutzgesetz und die Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz außer Kraft. Derzeit ist hierfür noch der 01.01.2017 vorgesehen, dieser Termin wird aber nicht eingehalten werden können.
Da eine Übergangsfrist nicht vorgesehen ist, geltend mit dem Tag des Inkrafttretens sofort die neuen Regelungen und müssen auch sofort umgesetzt werden.
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Was regelt das Mutterschutzgesetz?
Was ist neu?
Erweiterung des Personenkreises
Schutzfristen: Grundsätzlich unverändert
Schutzfrist bei der Geburt eines behinderten Kindes
Kündigungsschutz im Fall einer Fehlgeburt
Gelockerte Schutzfrist für Schülerinnen und Studentinnen
Lockerung bei Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit
- sich die Frau dazu ausdrücklich bereit erklärt,
- nach ärztlichem Zeugnis nichts gegen die Beschäftigung spricht und
- Alleinarbeit für die schwangere Frau ausgeschlossen ist.
- sich die Frau dazu ausdrücklich bereit erklärt,
- eine Ausnahme vom allgemeinen Verbot der Arbeit an Sonn- und Feiertagen nach § 10 des Arbeitszeitgesetzes zugelassen ist (also kein für jedermann geltendes Beschäftigungsverbot besteht),
- der Frau in jeder Woche im Anschluss an eine ununterbrochene Nachtruhezeit von mindestens elf Stunden ein Ersatzruhetag gewährt wird und
- Alleinarbeit für die schwangere Frau ausgeschlossen ist.