Praxiswissen Arbeitsrecht A-Z
Fragerecht des Arbeitgebers
Was ist unter dem Fragerecht des Arbeitgebers zu verstehen?
Das Fragerecht des Arbeitgebers steht in Zusammenhang mit Einstellungsgesprächen und betrifft den zulässigen Umfang von Fragen nach persönlichen Informationen an einen Bewerber. Das betriebsbezogene Interesse des Arbeitgebers, persönliche Informationen über einen Bewerber zu erhalten, steht regelmäßig im Konflikt mit dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers. Daher hat sich der zulässige Inhalt des Fragerechts des Arbeitgebers an dem Interessenausgleich zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und dem betriebsbezogenen Interesse des Arbeitgebers auszurichten.
Welchen Pflichten unterliegen Arbeitnehmer im Rahmen des Fragerechts?
Aus den vorvertraglichen Auskunftspflichten des Arbeitnehmers kann sich ergeben, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber über bestimmte Umstände auch ohne Befragung aufklären muss. Der Arbeitnehmer muss eine selbstständige Auskunft über alle Tatsachen geben, die die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Leistungspflicht beeinträchtigen können oder sonst für den in Betracht kommenden Arbeitsplatz von entscheidender Bedeutung sind. Die Offenbarungspflicht des Arbeitnehmers unterliegt also engeren Grenzen als das Fragerecht des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber kann den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten, wenn der Arbeitnehmer eine zulässige Frage des Arbeitgebers nicht wahrheitsgemäß beantwortet oder der Arbeitnehmer offenbarungspflichtige Umstände nicht von sich aus mitteilt. In diesem Fall, kann der Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer Ansprüche auf Schadensersatz wegen schuldhafter Pflichtverletzung bei Arbeitsvertragsverhandlungen stellen.
Welche Fragen dürfen Arbeitnehmer im Rahmen ihres Fragerechts stellen?
In der Rechtsprechung hat sich im Laufe der Zeit, eine umfangreiche Kasuistik zur Zulässigkeit bestimmter Fragen bei Einstellungsgesprächen und in Einstellungsfragebögen herausgebildet:
Welche Fragen dürfen über das Alter gestellt werden?
Dem Arbeitgeber ist davon abzuraten, konkret nach dem Alter eines Bewerbers zu fragen oder ein Lichtbild zu verlangen, da daraus eine Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz wegen der Herkunft bzw. des Alters geschlossen werden könnte.
Welche Fragen dürfen zum beruflichen Werdegang gestellt werden?
Fragen nach Prüfungs- und Zeugnisnoten, dem beruflichen Werdegang oder Sprachkenntnissen sind zulässig. Die Vorlage gefälschter Prüfungsunterlagen oder eine unvollständige oder unrichtige Beantwortung von den gestellten Fragen nach dem beruflichen Werdegang, kann zu einer Anfechtbarkeit des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB führen.
Welche Fragen dürfen in Bezug auf den Gesundheitszustand gestellt werden?
Eine allgemeine Auskunftspflicht über ausgeheilte oder akute Erkrankungen besteht nicht. Auch eine latente Gesundheitsgefährdung ist nicht offenbarungspflichtig. Erkrankungen, die den Arbeitnehmer wegen der Ansteckungsgefahr oder der Schwere der Erkrankung an der Erbringung der Arbeitsleistung dauerhaft hindern, sind mitzuteilen.
Darf nach eine Gewerkschaftszugehörigkeit gefragt werden?
Der Arbeitgeber darf bei der Einstellung, nach überwiegend vertretener Auffassung nicht nach der Gewerkschaftszugehörigkeit fragen.
Darf nach der Absicht, zukünftig zu heiraten gefragt werden?
Die häufig gestellte Frage nach einer geplanten Heirat ist unzulässig
Ist die Frage nach einer Haftstrafe zulässig?
Nur, wenn ein Arbeitnehmer in Kürze eine Haftstrafe antreten muss und daher voraussichtlich seine Arbeitsleistung nicht erbringen kann, muss er dies unabhängig vom Haftgrund offenbaren.
Ist die Frage nach Lohn- und Gehaltspfändung zulässig?
Ob der Arbeitgeber nach einer Lohn- oder Gehaltspfändungen fragen darf, ist umstritten. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers dürfte bei umfangreichen Pfändungen wegen der zusätzlichen Arbeit gegeben sein.
Darf nach der Religions- und Parteizugehörigkeit gefragt werden?
Der Arbeitgeber darf nicht nach Religions- und Parteizugehörigkeit fragen. Bei parteipolitischen oder konfessionellen Institutionen gelten jedoch Ausnahmen.
Ist die Frage nach einer aktuellen Schwangerschaft zulässig?
Die Frage nach der Schwangerschaft einer Arbeitnehmerin stellt eine unzulässige Diskriminierung wegen des Geschlechts dar und ist daher unzulässig.
Darf der Arbeitgeber nach einer Schwerbehinderung fragen?
Die Frage nach der Schwerbehinderung galt nach der vergangenen Rechtsprechung als zulässig. Heutzutage wird die Frage nach der Behinderung als unzulässig eingestuft im Hinblick auf das Verbot der Diskriminierung behinderter Menschen. Die Frage ist zugelassen, wenn aufgrund der konkreten Anforderungen des Arbeitsplatzes ein besonderes Informationsbedürfnis besteht.
Frage nach der Vergütung im vorhergehenden Arbeitsverhältnis?
Das berechtigte Interesse des Arbeitgebers an der Frage nach der Höhe der Vergütung des vorherigen Arbeitsverhältnisses hängt davon ab, ob die vorherige Vergütung für die erwünschte Stelle relevant ist oder ob der Bewerber von sich aus diese als Mindestvergütung angefordert hat.
Kann nach den Vermögensverhältnissen des Bewerbers gefragt werden?
Grundsätzlich ist die Frage nach den Vermögensverhältnissen des Bewerbers ausgeschlossen, es sei denn es handelt sich um die Einstellung eines anweisenden Angestellten oder sonstigen Arbeitnehmers in einer Vertrauensposition.
Darf nach Vorstrafen oder Ermittlungsverfahren gefragt werden?
Die Frage nach den möglichen Vorstrafen ist nur begrenzt zulässig. Wenn die Frage für die Besetzung des Arbeitsplatzes von Bedeutung ist, ist sie zulässig. Kraftfahrer dürfen daher nach Verkehrsdelikten und Kassierer nach Vermögensdelikten gefragt werden. Nach aktuellen Ermittlungsverfahren darf der Arbeitgeber nur fragen, wenn durch das Ermittlungsverfahren Bedenken an der Tauglichkeit des Arbeitnehmers entstehen. Beispielsweise ist ein Ermittlungsverfahren gegen einen Erzieher wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern angebracht, die persönliche Eignung eines Erziehers in Frage zu stellen.
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