Rund um die Nebenbeschäftigung
Treffen sich zwei Jobs… und Sie mittendrin. Warum auch immer Sie nebenbei arbeiten möchten – ob als notwendiger Zuverdienst, für die Urlaubskasse, zur persönlichen Weiterentwicklung – Sie sind in guter Gesellschaft von über vier Millionen Deutschen.
Jedoch: Nicht immer ist der bisher alleinige Arbeitgeber von solchen Plänen angetan. Und das manchmal sogar mit Recht. Da ist es sinnvoll, sich mit den wichtigsten Fragen rund um die Nebenbeschäftigung vertraut zu machen.
Darf der Arbeitgeber Nebentätigkeiten pauschal verbieten?
Ein vollständiges und pauschales Verbot einer Nebenbeschäftigung ist fast immer unwirksam. Als Arbeitnehmer stehen Sie den in Ihrem Arbeitsvertrag bestimmten Teil Ihrer Zeit in den Diensten Ihres Arbeitgebers. Außerhalb Ihrer Arbeitszeit können Sie grundsätzlich tun, was Sie möchten und daher auch eine Nebentätigkeit annehmen. Das ist die Grundlage, die sich aus Ihrem Grundrecht auf freie Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz) ergibt. Hier aber bitte nicht aufhören zu lesen, denn die berechtigten Interessen des Arbeitgebers führen zu zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen dieses Rechts.
Zunächst gibt es seltene Fälle, wonach jedenfalls partiell Nebentätigkeitsverbote zulässig sind. So hat das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2002 die folgende Regelung für in Vollzeit beschäftigte Busfahrer in einem Tarifvertrag für wirksam erklärt:
„Nebentätigkeiten, die mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen verbunden sind, sind nicht gestattet (Lenkzeitkontrolle!)”
Gemeint war damit, dass eine Kontrolle der gesetzlichen Höchstlenkzeiten im Fall von Nebenbeschäftigungen nicht mehr durchgeführt werden konnte. Diese Kontrolle hat das Bundesarbeitsgericht für so wichtig für die öffentliche Sicherheit erachtet, dass fahrzeugführende Nebentätigkeiten pauschal untersagt werden können.
Arbeitgeber sollten mit solchen Regelungen allerdings sehr vorsichtig sein, sie unterliegen einer strengen Kontrolle in Abwägung mit den Arbeitnehmerinteressen.
Darf mein Chef eine Anzeige vor der Aufnahme einer Nebenbeschäftigung verlangen?
Ja. Der Arbeitgeber kann eine Anzeige der Nebentätigkeit verlangen und sich die Genehmigung der Nebentätigkeit vorbehalten. Hier liegen berechtigte Interessen des Arbeitgebers vor, der die Nebentätigkeit vor ihrer Aufnahme z.B. in Bezug auf das Arbeitszeitgesetz oder eine etwaige Konkurrenzsituation überprüfen möchte (dazu näher weiter unten). Werden die betrieblichen Interessen durch die Nebentätigkeit nicht beeinträchtigt, besteht ein Anspruch auf die Genehmigung. Ändern sich die Verhältnisse, ist der Arbeitgeber berechtigt, seine Genehmigung zu widerrufen.
Gibt es bei einer Nebentätigkeit Unterschiede zu einem „normalen“ Arbeitsverhältnis?
Arbeitsrechtlich gesehen nein. Ihnen stehen in Ihrem Nebentätigkeitsverhältnis sämtliche Arbeitnehmerrechte wie Urlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu (übrigens auch im geringfügigen Arbeitsverhältnis, mehr dazu hier). Da Sie Ihre Nebentätigkeit in Teilzeit ausüben werden, haben Sie mit den §§ 6 bis 13 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes sogar mehr Rechte als in einem Vollzeitarbeitsverhältnis.
Besonderheiten können sich im Sozialversicherungsrecht ergeben. Nebentätigkeiten werden häufig als geringfügige Beschäftigung ausgeübt, welche besonderen steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen unterliegt (näher dazu hier).
Darf ich in meinem Nebenjob meine Qualifikationen nutzen?
Grundsätzlich ja; Sie nehmen Ihre Nebentätigkeit als der Arbeitnehmer wahr, der Sie sind. Oder anders gesagt: Sie müssen sich nicht schlechter qualifiziert geben, als Sie sind. Aber: Während des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses sind Sie verpflichtet, sich jeder Konkurrenztätigkeit gegenüber Ihres (ersten) Arbeitgebers zu enthalten. Dieses Verbot ist für kaufmännische Arbeitsverhältnisse in § 60 HGB ausdrücklich geregelt, erstreckt sich allerdings als allgemeiner Rechtsgedanke auch auf alle übrigen Arbeitsverhältnisse und auch für eine selbständige Nebentätigkeit. Sie dürfen also mit Ihrer Nebentätigkeit nicht in die Geschäftsinteressen Ihres Arbeitgebers eingreifen. Dazu bedarf es auch keiner ausdrücklichen Regelung im Arbeitsvertrag oder eines Wettbewerbsverbots. Der „Klassiker“ für einen Verstoß gegen dieses Konkurrenzverbot wäre eine Nebentätigkeit bei einem Konkurrenten in dem gleichen Geschäftszweig.
Falls Sie eine konkurrenzgeneigte Nebentätigkeit vor der Arbeitsaufnahme bei Ihrem Arbeitgeber anzeigen, wird er sie zu Recht untersagen. Falls Sie das nicht tun oder der Untersagung zum Trotz die Nebentätigkeit aufnehmen – und Ihr Arbeitgeber erfährt hiervon -, ist dies ein berechtigter Grund für eine (fristlose) Kündigung.
Darf ich in meinem Nebenjob nachts, am Wochenende oder im Urlaub arbeiten?
Wenn Sie Vollzeit arbeiten und womöglich noch familiäre Verpflichtungen haben, ist es schwierig, ein passendes Zeitfenster für die Nebentätigkeit zu finden. Allerdings: Das Arbeitszeitgesetz unterscheidet nicht danach, ob Sie einen oder mehrere Jobs haben. Als Arbeitnehmer dürfen Sie lediglich eine bestimmte Anzahl an Stunden am Tag bzw. in der Woche arbeiten, müssen regelmäßige Ruhezeiten einhalten und dürfen in aller Regel sonntags nicht arbeiten. Die Details zu diesen Themen finden Sie hier. Verantwortlich für die Einhaltung dieser Regeln ist jeder Arbeitgeber des Arbeitnehmers. Und da dem Arbeitgeber im Fall von Verstößen unangenehme Nachfragen des Gewerbeaufsichtsamts und schlimmstenfalls Bußgelder drohen, haben Ihre Arbeitgeber in der Regel aus Eigeninteresse ein Auge auf Ihre Arbeitszeiten. Sie sind aus diesem Grund auf Anfrage auch auskunftspflichtig über die Zeiten, in denen Sie Ihrer jeweiligen Beschäftigung nachgehen. Ihr Hauptarbeitgeber kann Ihnen sodann auch untersagen, Ihre Nebenbeschäftigung in einem Umfang ausüben, der den Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes entgegensteht. Falls das allerdings nicht der Fall ist, können Sie durchaus abends, ggf. auch nachts und an Samstagen arbeiten.
Wenn Sie Ihrer Nebentätigkeit im Urlaub nachkommen wollen, funktioniert das arbeitsrechtlich häufig nicht. Während des Urlaubs darf der Arbeitnehmer keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten (§ 8 Bundesurlaubsgesetz). Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass Sie sich nach der Rückkehr aus Ihrem Urlaub erholt und Ihre Arbeitskraft aufgefrischt haben. Diese Erwartung darf Ihr Hauptarbeitgeber, der während des Urlaubs Ihr Entgelt zahlt, nach dem Gesetz haben. Falls Sie dieser Regelung zuwiderhandeln, droht eine Abmahnung und im Wiederholungsfall eine Kündigung. Nur wenn die Nebentätigkeit also mit dem Erholungszweck des Urlaubs in Einklang steht, darf sie währenddessen ausgeübt werden. Das ist im Einzelfall anhand der Art und Dauer der Tätigkeit zu ermitteln. Tendenziell ist Nebenerwerb im Urlaub allerdings nicht mit dem Erholungszweck vereinbar.
Darf ich so viel nebenbei arbeiten, wie ich möchte?
Jein. Ihre Arbeitgeber sind wie oben dargestellt an das Arbeitszeitgesetz gebunden. Darüber hinaus gibt es noch eine sozusagen physische Grenze Ihrer Nebenbeschäftigung: Wenn Ihre Nebentätigkeit Sie daran hindert, Ihrem Hauptarbeitsverhältnis pflichtgemäß nachzukommen, kann Ihr Hauptarbeitgeber die Nebentätigkeit (teilweise) untersagen.
Beispiel: Sie üben einen Bürojob in Vollzeit aus. Kürzlich haben Sie Ihr früheres Hobby zum Nebenberuf gemacht und testen unter der Woche spätabends und nachts sportliche Autos. Aufgrund dessen sind Sie tagsüber während Ihrer Haupterwerbstätigkeit müde, unkonzentriert und machen vermehrt Fehler.
In diesem Fall werden Sie durch Ihre Nebentätigkeit körperlich und zeitlich so beansprucht, dass Sie Ihren normalen Arbeitspflichten nicht mehr genügen. Abgesehen davon sind Sie nicht mehr in der Lage, die 11-stündige Ruhezeit zwischen den Tätigkeiten einzuhalten. Ihr Arbeitgeber kann Ihnen die Ausübung der Nebentätigkeit in dieser Form untersagen und Sie sogar wegen Schlechtleistung abmahnen.
Fazit
Die Arbeitsgesetze versuchen, die Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber angemessen in Ausgleich zu bringen. Wie Sie gesehen haben, haben Sie einen grundsätzlichen Anspruch auf eine Nebentätigkeit. Diesen Anspruch kann Ihr Hauptarbeitgeber nur einschränken, soweit er hieran ein berechtigtes Interesse hat.
Hier ergeben sich vor allem zwei Einschränkungen für Sie als Arbeitnehmer: Sie dürfen zu Ihrem Arbeitgeber zum einen nicht in Konkurrenz treten. Das bedeutet häufig, dass Sie gerade Ihre spezifischen Kenntnisse nicht zum Nebenerwerb nutzen können. Das Konkurrenzverbot gilt allerdings nicht unbegrenzt weit; fachlich fremde Nebentätigkeit bei einem Konkurrenten kann zum Beispiel ebenso möglich sein wie reine Vorbereitungshandlungen zu einer Konkurrenzsituation. Die Grenzen sind hierbei jedoch fließend und wir raten Ihnen, sich ohne vorherige fundierte arbeitsrechtliche Beratung jedem Anschein einer Konkurrenzsituation zu enthalten.
Zum anderen setzt das Arbeitszeitgesetz dem Nebenerwerb Grenzen. Vor allem die vorgeschriebene 11-stündige Ruhezeit kann eine Hürde darstellen, wenn Sie Ihrem Nebenerwerb spätabends nachgehen möchten. Gleichfalls ist der Sonntag für Nebenerwerb häufig nicht verfügbar.
Haben Sie Fragen zu dem Thema Nebenbeschäftigung? Wir helfen Ihnen gerne weiter.
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