Nach einer aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes (LAG) Baden-Württemberg (Aktenzeichen: 10 Sa 19/11) vom 21.12.2011, die bislang nur als Pressemitteilung vorliegt, verfallen Urlaubsansprüche bei einer langandauernden Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres
. Das Urteil des LAG Baden-Württemberg bildet damit vorerst den Abschluss einer ganzen Reihe von Entscheidungen, die seit Anfang 2009 zum Verfall des Urlaubs langandauernd erkrankter Arbeitnehmer ergangen waren.
Zur Erinnerung:
Der dem Arbeitnehmer zustehende Urlaub ist nach § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr zu nehmen. Eine Übertragung in das Folgejahr ist nur dann statthaft, wenn dringende betriebliche oder persönliche Gründe vorliegen; aber auch dann muss der Urlaub nach der gesetzlichen Regelung spätestens bis zum 31.03. des Folgejahres genommen werden. Mit der Schultz-Hoff-Entscheidung vom 19.01.2009 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) diese Befristungsregelung für Fälle eingeschränkt, wenn der Urlaub wegen einer längeren Krankheit überhaupt nicht angetreten werden konnte. Dann bleiben die Urlaubsansprüche erhalten; der Urlaub kann angesammelt und später in Anspruch genommen werden bzw. ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten. Unbefriedigende Folge der Entscheidung des EuGH war zunächst eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über den (zum Teil über mehrere Jahre) angesammelten Urlaub bzw. über Abgeltungsansprüche; außerdem griffen Arbeitgeber bei erkrankten Arbeitnehmern deutlich eher zu einer Kündigung, um die Ansammlung von Urlaubsansprüchen zu verhindern.
Urteil:
Mit einem weiteren Urteil vom 22.11.2011 ist der EuGH “zurückgerudert” und hat entschieden, dass der Urlaubsanspruch bei einer längeren Erkrankung zeitlich begrenzt werden darf. Der EuGH sah eine zeitliche Beschränkung durch einen auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag als zulässig an, wobei der Tarifvertrag regelte, dass der für ein Kalenderjahr zustehende Urlaub, der wegen Krankheit nicht genommen werden kann, nach einem Übertragungszeitraum von 15 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres erlischt. Nach Auffassung des EuGH hat ein Arbeitnehmer grundsätzlich kein Recht, Urlaubsansprüche über mehrere Jahre unbegrenzt anzusammeln und ein Übertragungszeitraum von 15 Monaten sei ausreichend, damit auch im Falle einer Erkrankung der Erholungszweck des Urlaubs erfüllt wird. Eine weitergehende Einschränkung sei nach dem europäischen Recht nicht geboten.
Landesarbeitsgericht:
Anknüpfend an die Entscheidung des EuGH vom 22.11.2011 hat das LAG Baden-Württemberg nunmehr mit Urteil vom 21.12.2011 entschieden, dass der Urlaubsanspruch – auch ohne eine tarifvertragliche Befristungsregelung – bereits wegen der Regelungen des BUrlG zeitlich zu beschränken ist. In dem vor dem LAG Baden-Württemberg entschiedenen Fall machte der von 2006 bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis Ende 2010 arbeitsunfähig erkrankte Kläger die Abgeltung von Urlaubsansprüchen für die Jahre 2007 bis 2009 geltend. Das Gericht hat dem Kläger Abgeltungsansprüche lediglich für das Jahr 2009 zugesprochen und weiter entschieden, dass die Ansprüche aus den Jahren 2007 und 2008 zum Zeitpunkt des Ausscheidens bereits nach den Regelungen des BUrlG verfallen waren. Das letzte Wort ist sicherlich noch nicht gesprochen; abzuwarten bleibt insbesondere, ob das Bundesarbeitsgericht diese Rechtsprechung des LAG
Baden-Württemberg bestätigen wird.
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