Wie ist das denn nun mit dem Weihnachtsgeld?
Es ist kalt und dunkel und noch nicht wirklich Weihnachten, was ist eigentlich gut am November bzw. an Anfang Dezember? Etwa der Hälfte der deutschen Arbeitnehmer fällt dazu etwas ein: Es gibt Weihnachtsgeld.
Allerdings ist Anfang Dezember für manche Arbeitnehmer auch der Moment, an dem es gerade kein Weihnachtsgeld gibt. Ein Grund für uns, zu erklären, wann ein Anspruch besteht.
„Weihnachtsgeld Gesetz“ ist eine beliebte Suchanfrage bei google. Es gibt allerdings weder ein eigenes Gesetz, das Sonderzahlungen regelt noch überhaupt eine gesetzliche Regelung hierzu. Ganz von alleine hat also kein Arbeitnehmer Anspruch auf Weihnachtsgeld oder sonstige Zahlungen neben dem Gehalt.
Es gibt fünf Möglichkeiten, wie ein Anspruch auf eine Sonderzahlung entstehen kann:
Ja, für eine klassische betriebliche Übung muss der Arbeitgeber an mehrere Arbeitnehmer in einer gleichförmigen Weise leisten, deshalb heißt es „betriebliche“ Übung.
Das Bundesarbeitsgericht wird aber nicht müde, zu betonen, dass auch im Verhältnis eines einzelnen Arbeitnehmers zum Arbeitgeber ein stillschweigendes Angebot ausgesprochen werden kann. Wir haben dieses Vorgehen oben untechnisch „individuelle betriebliche Übung“ genannt. Hier wird man aber nicht ohne Weiteren die „3 x vorbehaltlos gezahlt“-Formel heranziehen können. Hier kommt es tatsächlich auf den Einzelfall an, wann ein Arbeitnehmer davon ausgehen darf, dass auch weiterhin ein gleiches Verhalten erfolgen wird.
Wettbewerbsfreiheit gilt auch erst einmal im Arbeitsrecht: Welches Gehalt und welche Sonderzahlungen Arbeitnehmer und Arbeitgeber verhandeln, ist oberhalb des Mindestlohns ihre Sache – auch wenn andere Mitarbeiter mehr oder weniger erhalten.
Diese Freiheit hat ihre Grenzen dort, wo einzelne Arbeitnehmer im Gegensatz zu den übrigen ohne sachlichen Grund benachteiligt werden. Erhält also die ganze Belegschaft oder wenigstens die ganze Abteilung Weihnachtsgeld, darf nicht ein Einzelner (oder zwei Einzelne) einfach so übergangen werden. Der Arbeitgeber müsste sich in diesem Fall rechtfertigen und falls es keinen sachlichen Grund gibt ebenfalls das Weihnachtsgeld zahlen.
Das „echte“ Weihnachtsgeld als Beteiligung des Arbeitgebers an den Mehraufwendungen zum Weihnachtsfest und zur Belohnung von Betriebstreue ist nicht so häufig, wie man denkt. Auch wenn eine Zahlung als „Weihnachtsgeld“ oder „Weihnachtsgratifikation“ bezeichnet wird, kann sie zugleich als Gegenleistung für geleistete Arbeit gedacht sein. Das Bundesarbeitsgericht neigt zunehmend dazu, Sonderzahlungen als eine solche „Mischzahlung“ einzuordnen. Das wird zum Beispiel dann angenommen, wenn der Arbeitgeber mitteilt, dass die Zahlung „den bisherigen persönlichen Einsatz“ würdigen soll, also gerade nicht (nur) die schlichte Betriebstreue. Auch ein „13. Gehalt“ ist Gegenleistung für geleistete Arbeit. Dann gilt: Erarbeiteter Lohn darf nicht entzogen werden, das „Weihnachtsgeld“ ist also nicht freiwillig und ist bei Ausscheiden im laufenden Jahr anteilig zu zahlen.
Für das „echte“ Weihnachtsgeld gilt das nicht. Endet das Arbeitsverhältnis vor dem Zeitpunkt, in dem der Zahlungsanspruch entsteht, also in der Regel zum 31.10. eines Jahres oder später, gibt es keinen Anspruch auf Zahlung.
Häufig wird die Auszahlung des Weihnachtsgeldes unter den Vorbehalt gestellt, dass das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Tag ungekündigt besteht (Bindungsklausel). Bei einem „echten“ Weihnachtsgeld ist das möglich und in der Regel wirksam, bei Mischzahlungen nicht.
Zusätzlich oder statt dessen wird häufig geregelt, dass das Weihnachtsgeld zurückgezahlt werden muss, wenn das Arbeitsverhältnis nicht bis zu einem bestimmten Tag nach der Auszahlung ungekündigt fortbesteht (Rückzahlungsklausel). Bei der Frage, ob das zulässig ist, gilt für das klassische Weihnachtsgeld ein klares „Ja, aber“:
Haben Sie Fragen zu dem Thema Sonderzahlungen? Wir helfen Ihnen gerne weiter.
Verwandte Themen:
Hier können Sie uns auf facebook folgen: KERNER Rechtsanwälte auf facebook
Habe ich Anspruch auf ein Weihnachtsgeld?
- Ausdrückliche Regelung im Arbeitsvertrag (z.B. „Der Arbeitnehmer erhält mit dem Novembergehalt ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes.“)
- Ausdrückliche Regelung in einem anwendbaren Tarifvertrag / einer Betriebsvereinbarung (z.B. in § 20 TV-L, Jahressonderzahlung mit dem Novembergehalt)
- Betriebliche Übung
- „Individuelle betriebliche Übung“
- Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz
Brauche ich für eine betriebliche Übung immer mehrere Mitarbeiter?
Was ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz?
Was passiert, wenn das Arbeitsverhältnis (im laufenden Jahr) endet?
- Es muss klar geregelt sein, dass der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus der Sphäre des Arbeitnehmers stammt. Damit ist insbesondere eine Eigenkündigung gemeint. Anderenfalls hätte es der Arbeitgeber in der Hand, die Rückzahlungsverpflichtung auszulösen, was das Bundesarbeitsgericht als unfair empfindet. Wohlgemerkt: Es kommt nicht nur darauf an, wie das Arbeitsverhältnis tatsächlich endet, schon die vertragliche Regelung muss die Konstellationen unterscheiden. Ist das nicht der Fall, ist die Rückzahlungsklausel in einem Individualarbeitsvertrag unwirksam und damit gegenstandslos.
- Die Zahlung darf nicht zu gering (!) und die Bindung nicht zu lang sein:
- Bei Sonderzahlungen unter 100,00 € ist eine Rückzahlungsverpflichtung per se ausgeschlossen, eine Rückzahlungsklausel greift hier nicht.
- Ein Weihnachtsgeld zwischen 100,00 € und knapp unter einem Bruttomonatsgehalt rechtfertigt eine Bindung bis zum 31.03. des Folgejahres.
- Ein Weihnachtsgeld ab einem Bruttomonatsgehalt rechtfertigt eine Bindung bis zum 30.06. des Folgejahres.