Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12.07.2016
Zum Einsichtsrecht in die Personalakte
Heute schon in Ihre Personalakte geschaut? Sie denken, das dürfen Sie nicht? Aber sicher. Entweder führen Sie Personalakten oder über Sie wird eine Personalakte geführt – ein Arbeitsverhältnis ohne diese Dokumentensammlung gibt es fast nicht. Trotzdem steht darüber nichts im Gesetz, das wie, wann und wo ist also nicht geregelt. Üblicherweise landet alles in der Personalakte, was der Arbeitgeber für das Arbeitsverhältnis als relevant empfindet. Die klassische Personalakte beginnt mit der
Bewerbung und den Einstellungsunterlagen, enthält Vertragsänderungen, Gehaltsabrechnungen und
Urlaubsanträge, vielleicht auch Protokolle von Mitarbeitergesprächen und endet mit den Beendigungsunterlagen.
Streit gibt es in der Regel nur um einen Bestandteil der Personalakte: Die Abmahnung. Wie Sie am besten vorgehen, wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben, lesen Sie hier.
Auch wenn es eigentlich keine Unterlagen in der
Personalakte geben darf, für die der Arbeitgeber keine Rechtfertigung hat, heißt das nicht, dass es nicht vorkommt. Oder wissen Sie mit Sicherheit, ob Ihr Arbeitgeber nicht täglich Ihren Browserverlauf des Betriebsrechners abruft und in Ihrer Personalakte hinterlegt? Eben.
Deshalb haben Arbeitnehmer ein Recht, Einsicht in ihre Personalakte zu nehmen (§ 83 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)). Natürlich fallen auch elektronische Personalakten hierunter. Nach Wunsch können Sie ein Mitglied des Betriebsrats hinzuzuziehen, das bedeutet aber umgekehrt nicht, dass eine Einsicht nur möglich ist, wenn ein Betriebsrat gebildet ist. Der Arbeitgeber darf auch keine Unterlagen, die eigentlich Bestandteil der Personalakte wären, an anderer Stelle aufbewahren.
Finden Sie in Ihrer Personalakte Unterlagen, die dort nicht hingehören, weil sie Ihr
Persönlichkeitsrecht verletzen oder weil eine Abmahnung ungerechtfertigt ausgesprochen wurde, haben Sie einen Anspruch auf Entfernung dieser Dokumente aus der
Personalakte.
Was war passiert? Anwältin will mit in die Personalakte schauen
Arbeitnehmer haben also ein Einsichtsrecht in Ihre Personalakte.
Das Bundesarbeitsgericht hatte aktuell zu entscheiden, ob das sich das Einsichtsrecht “fortsetzt”, ob also der bevollmächtigte Anwalt bzw. die Anwältin ebenfalls Einsicht in die Personalakte nehmen kann (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12.07.2016, Az. 9 AZR 791/14). Warum nicht, fragen Sie sich vielleicht – immerhin müsste ja nach dem gesetzlichen Schutzzweck der Arbeitnehmer zu entscheiden haben, wer die Personalakte sehen darf und wer nicht.
Der Arbeitgeber eines als Lagerist beschäftigten Arbeitnehmers lehnte allerdings die Aufforderung der Anwältin, mit ihrem Mandanten gemeinsamt Einsicht in die Personalakte zu nehmen, ab. Begründung: Datenschutzrechtliche Bedenken und das Hausrecht. Der Kläger selbst sollte, wenn er es möchte in Begleitung eines Betriebsratsmitglieds, Einsicht erhalten, wie es das Gesetz vorsieht. Auch Kopien hätte er anfertigen dürfen. All das allerdings in Abwesenheit seiner Anwältin.
Das Urteil: Ausreichender Schutz durch Kopien
Die hiergegen gerichtete Klage verlor der Kläger durch alle Instanzen. Das Bundesarbeitsgericht entschied zuletzt, dass der Arbeitnehmer jedenfalls durch die Erlaubnis, Kopien anzufertigen, ausreichend geschützt war (
Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 36/16; externer Link).
Diese Kopien hätte er mit seiner Anwältin erörtern können. Da das BetrVG ein Anwesenheitsrecht des Rechtsbeistands auch nicht ausdrücklich vorsieht hat das Bundesarbeitsgericht – jedenfalls für die Konstellation „Kopiererlaubnis“ – ein Einsichtsrecht durch die Anwältin / den Anwalt abgelehnt.
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