Zu spät Gehalt gezahlt kostet 40 € extra?
Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 22.11.2016
Zur Anwendbarkeit des § 288 Abs. 5 BGB im Arbeitsrecht
Wenn das Gehalt zu spät auf dem Konto ist, ist das für jeden Arbeitnehmer ärgerlich. Gerade zu Beginn des Monats sind viele finanzielle Verpflichtungen zu erfüllen. Deshalb hat es sich in vielen Betrieben eingebürgert, dass das Gehalt gegen Ende des laufenden Monats gezahlt wird. Allerdings: Wenn vertraglich nichts geregelt ist, wäre es rechtlich auch in Ordnung, wenn das Gehalt (erst) am 1. des Folgemonats gezahlt wird. § 614 BGB schreibt vor, dass das Gehalt nach Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten ist und Zeitabschnitt ist in diesem Fall der Monat, für den das Gehalt gezahlt wird.
Am 2. Des Folgemonats ist das Gehalt dann aber definitiv zu spät auf dem Konto oder wenn etwas Abweichendes geregelt ist ab dem Folgetag des dort genannten Datums. Ab diesem Tag ist der Arbeitgeber in Zahlungsverzug.
Zugegeben, in einem ansonsten stabilen Arbeitsverhältnis reagieren Arbeitnehmer auf eine solche Situation selten mit Anwaltsschreiben und Klagen, sondern eher mit einem klärenden Gespräch. Hilft das allerdings nicht oder läuft das Arbeitsverhältnis ohnehin nicht gut oder ist gar schon beendet, steht Arbeitnehmern nach einem neuen Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln nun ein neues Druckmittel auf Ihren Arbeitgeber zur Verfügung: Eine Verzugspauschale auf rückständiges Gehalt in Höhe von (jedes Mal) 40,00 €.
Diesen Betrag entnimmt das Gericht § 288 Abs. 5 S. 1 BGB. Dieser wurde im Juli 2014 in das BGB eingefügt und lautet:
„Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro.“
Bisher schien es so, als würde diese Vorschrift von den Gerichten nicht für Verzug von Gehaltszahlungen angewendet. Das wurde damit begründet, dass § 288 Abs. 5 S. 3 BGB vorschreibt, dass die Pauschale auf Rechtsverfolgungskosten anzurechnen ist. Im Arbeitsrecht besteht aber vereinfacht gesagt der Grundsatz, dass jede Partei ihre Rechtsverfolgungskosten selbst trägt, so dass eine Anwendung der Pauschale nicht zu „passen“ schien.
Entsprechend hat auch die Vorinstanz es abgelehnt, den Arbeitgeber zur Zahlung dieser Summe zu verurteilen. Das Landesarbeitsgericht Köln korrigierte dies in seinem Urteil vom 22.11.2016 (Az. 12 Sa 524/16) und stellte fest, dass der Zweck der gesetzlichen Neuregelung, den Zahlungsschuldner zu pünktlichen und vollständigen Zahlungen anzuhalten, dafür spricht, diese auch im Arbeitsrecht anzuwenden (Pressemitteilung; externer Link). Entsprechende wurde der Arbeitgeber zur Zahlung der Pauschale verurteilt.
Es handelt sich um das erste Urteil eines Landesarbeitsgerichts zu diesem Thema. Damit ist das letzte Wort allerdings noch nicht gesprochen, denn wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage wurde die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Falls die Beklagte diese Möglichkeit nutzt, wird das Bundesarbeitsgericht bald Klarheit schaffen.
Jedenfalls aber ist aktuell Arbeitnehmern mit Zahlungsansprüchen zu raten, nach angemessener Abwägung der Stabilität des gegebenenfalls noch laufenden Arbeitsverhältnisses die Verzugspauschale geltend zu machen.
Arbeitgeber sollten hingegen verstärkt darauf achten, berechtigte Ansprüche mit Fälligkeit zu erfüllen, da sie sich sonst dem Risiko aussetzen, neben Verzugszinsen auch die Pauschale zahlen zu müssen.
Haben Sie Fragen zu dem Thema Verzug bei Gehaltsforderungen? Wir helfen Ihnen gerne weiter.
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